#Kolumnenzählen
Die Journalistin Julia Karnick hat nachgezählt: Von den 45 Kolumnen, die mindestens einmal pro Woche (Tageszeitungen) oder in jeder Ausgabe (Wochenzeitungen) erscheinen und stets von derselben Person verfasst werden, stammen:
35 Textkolumnen von Männern; 8 Textkolumnen plus eine Grafik- und eine Cartoon-Kolumne von Frauen.
Das bedeutet: Rund 78 Prozent der mindestens einmal wöchentlich publizierten Print-Kolumnen stammen von männlichen Autoren, rund 22 Prozent von Frauen.
Sie kommt zu dem Schluss:
„Die begrenzte, branchenintern mit besonderem Renommee verbundene und kostenintensivere Ressource Print wird – wenn es um ein so privilegiertes Format wie die Kolumne geht – nach wie vor bevorzugt unter Männern aufgeteilt.“
#Gremienzählen
Die Wortpiratin Mara Pfeiffer kommentiert in der Allgemeinen Zeitung: „Chance vergeben - Ein Gremium alter, weißer Männer“. Der 1. FSV Mainz 05 hat seit Kurzem einen Wirtschaftsbeirat. Dieser besteht nur aus Männern.
#DieKanon #Lyrikzählen
Der Reclam Verlag hat 2018 die Anthologie “Deutsche Gedichte” (hg. v. Dietrich Bode, 1984) als erweiterte Neuausgabe veröffentlicht. Nur: Welche Art Kanon wird mit diesem Buch gefestigt? Dr. Martina Wernli, Goethe-Universität Frankfurt / Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik, hat nachgezählt: „Es stellt sich nämlich einmal mehr die Frage nach der Vertretung der Autorinnen (vgl. #Frauenzählen) hinter diesen goldenen Punkten. 132 Autorennamen werden in diesem Buch genannt (dazu kommen anonym überlieferte Gedichte). 12 Frauen sind in der Neuausgabe mit dabei. Das sind 9%.“
#vorschauenzählen
„Dass es beim Büchermachen ausschließlich um Qualität gehen sollte, darin sind wir uns ja alle einig, oder? Und dass Männer die besseren Bücher schreiben auch. Ach nein, das darf man ja nicht mehr sagen. … „Entscheidend ist die Aussage, der Stil, da braucht es keine Genderaufsicht.“ So hat es jedenfalls Joachim Unseld gesagt und ist damit (immerhin fast als einziger) der tendenziösen Fragestellung der Literarischen Welt auf den Leim gegangen, die vor einer Woche mehrere Verlagsleute um ihre Meinung zum „aktuellen Aktionismus“ bat.“
Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert nimmt auf auf 54books das fadenscheinige Argument „Qualität“ auseinander, um eine strukturelle Benachteiligung von Frauen klein zu reden.
#frauenlesen #vergesseneautorinnen
Frauen lesen? Ohne Digitalisierung unmöglich, analysiert Wissenschaftlerin und Autorin Katharina Herrmann.
„Durch engagiert betriebene Hashtags und Initiativen wie #Frauenzählen, #Vorschauenzählen und #Frauenlesen haben zum einen die fehlende Repräsentation von Autorinnen in Medien und Verlagsprogrammen eine gewisse Öffentlichkeit bekommen, zum anderen ist es leichter geworden, auf Autorinnen und ihre Werke aufmerksam zu werden, die sonst aufgrund eben dieser fehlenden Repräsentation unsichtbar bleiben würden. … Aber damit sich auch etwas in der Schule, in der Literaturgeschichtsschreibung und in der Klassikerpflege tut, müssten sich erst einmal Verlage finden, die die Werke von verstorbenen Autorinnen erschwinglich auf dem Markt halten.“
#DieKanon #philosophinnenzählen
„Von 43 angebotenen Kursen zu Philosophen wurden 37 davon gezielt nach der männlichen Thema-Person betitelt (etwa Kants Metaphysik der Sitten) und beschäftigen sich vor allem mit der Aufarbeitung eines ausgewählten Werks dieser Person, wohingegen von den 7 Kursen zu Philosophinnen kein einziger den Namen einer Philosophin/Autorin im Titel trägt.“
T. Hartwig hat nachgezählt und stellt die berechtigte Frage: Obgleich es zahllose Philosophinnen gibt und gab, werden sie nicht genannt – warum?
#genderleicht #willipedia
„19 Jahre nach seiner Gründung ist nicht zu übersehen: Wikipedia hat aus feministischer Perspektive Leerstellen. In der Artikel-Welt sind Frauen-Biografien und Frauenthemen unterrepräsentiert. … Ein veraltetes Sprach- und Geschlechtermodell treibt hartnäckig seine Blüten“, analysiert Journalistin Ina Krauß für das Projekt Genderleicht.
Frauen zählen gegen #frauenzählen?
„… Allerdings ist es nicht dieser offen sichtbare und von den Verlagen auch selbstkritisch reflektierte Umstand, der Delius unfroh macht, sondern das Zählen selbst. Zunächst verlangt sie misstrauisch zu wissen, wer hier überhaupt spricht, frei nach der sehr deutschen Frage: ‚Wer sind Sie eigentlich?‘ Offen sei nämlich geblieben, „wer die moralische Richterposition einnähme und wieso, bei wem wer wie wegen welcher Unausgewogenheit nun ‚in die Kritik geraten‘ oder ‚unangenehm aufgefallen‘ war.“
- Literaturwissenschaftler Johannes Franzen über den Aversionsinstinkt gegen nackte Zahlen in der Die Literarische Welt.
Die Sonntagsfrage an Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Kritikerin Nicole Seifert, Nacht und Tag Blog: Welche Rolle spielen Autorinnen in den Frühjahrsprogrammen, Frau Seifert?
Die Literaturwissenschaftlerinnen Berit Glanz und Nicole Seifert haben mit dem Hashtag #vorschauenzählen auf Twitter dazu aufgerufen, das Verhältnis zwischen Autorinnen und Autoren in den Frühjahrsvorschauen der Belletristikverlage unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis: je größer das Renommee in der literarischen Welt, desto kleiner der Frauenanteil.
- Nicole Seifert über das Zählprojekt.
#lehrkanonzählen #vergesseneschriftstellerinnen "Ich brauchte damals mehrere Wochen, um mit dieser Tatsache umgehen zu können, denn ich hatte gerade einen Magisterabschluss in Literaturwissenschaften gemacht und kannte vielleicht gerade einmal 3 Schriftstellerinnen aus dem Zeitraum. Ich war in meiner Gutgläubigkeit davon ausgegangen, dass es eben so gut wie keine Schriftstellerinnen in jenen Epochen gegeben hatte und wir deswegen nur über Schriftsteller im Studium gelernt hatten. Wer stellt die überlieferte Literaturgeschichte schon infrage?
Aber, dass es über 4000 Schriftstellerinnen gab!“
- Marith Vinzenz über vergessene und wegkuratierte Schriftstellerinnen im Lehrkanon.
Tatort Drehbuch. Ein Update zur ARD-Reihe TATORT und der Autorinneninitiative Tatort: Drehbuch. Wer führte Regie, wer schrieb das Drehbuch? Wer spielt die Hauptrollen und wer zeichnet verantwortlich für Kamera, Ton, Schnitt oder Musik?
- Belinde Ruth Stieve hat bereits mehrfach die TATORTE unter verschiedenen Aspekten, wie den Frauenanteilen in 6 Gewerken und im Hauptcast seit 2011 und der Situation in den einzelnen Regionen analysiert.
#kolumnenzählen Wer schreibt regelmäßige Kolumnen in den überregionalen Tageszeitungen und Wochen-Magazinen?
- Eine Übersicht der Journalistin und Autorin Julia Karnick.
Bücher von Frauen kosten im Schnitt 45 Prozent weniger als die von Männern. Das fanden Wissenschaftler vom Queens College in New York heraus, als sie die Preise von Neuerscheinungen in den USA von 2002 bis 2012 untersuchten.
- Natalie Klinger über die Buchhandlung „Second Shelf“ in London, in der ausschließlich Werke von Autorinnen verkauft werden.
#speakerinnen
Männer dominieren den öffentlichen Diskurs. Nicht, weil sie klüger sind als Frauen. Sie halten sich einfach für schlauer und haben meist viel weniger Scheu, konstatiert die Schriftstellerin Tanja Dückers.
Im klassischen Feuilleton besprechen Männer vor allem Bücher von Männern. Immer mehr Buchblogger*innen setzen ihren Fokus hingegen auf Schriftstellerinnen.
- Nicole Kiendl, ze.tt / ZEIT ONLINE
Vergessene Schriftstellerinnen: "Diese Art der Rezeption legt den Grundstein dafür, dass die Werke von Künstlerinnen schlechter kontextualisiert, kanonisiert und archiviert werden."
- Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin Nicole Seifert über die Folgen der Unsichtbarkeit von Autorinnen.
#frauenbilder "Berühmt-berüchtigt zusammengefasst in dem Rat, den Marcel Reich-Ranicki einst Judith Herrmann gab: Sie solle niemals Kinder bekommen, sonst würde sie aufhören, Romane zu schreiben." Kinder zu haben, das passte lange nicht zum Bild eines Schriftstellers – oder einer Schriftstellerin. Doch das ändert sich, indem Autorinnen über dieses Klischee schreiben. Und indem sich Autorinnen literarisch mit den verschiedenen Aspekten von Mutterschaft befassen, werden auch diese Strukturen sichtbar.
- Reportage über Literatur und Mutterschaft von Sonja Hartl, Schriiftstellerin, Journalistin, Kritikerin.
Der gesummte Kanon: Der gesummte Kanon: Welches Buch wurde Ihnen zuletzt empfohlen? Das Buch eines Autors oder einer Autorin? Und von wem wurde Ihnen der Hinweis gegeben? Einem Mann? Einer Frau? Und wessen Empfehlung gehen Sie nach, wann notieren Sie sich einen Namen, laufen in die Buchhandlung oder Bibliothek und stellen sich das Buch dann ins Bücherregal?
- Goethe Institut, Sonja Lewandowski über den #tddlkanon
#tddlKanon "Aktuell findet in Klagenfurt wieder der Bachmannpreis statt, dessen Lesungen in den sozialen Medien eifrig begleitet werden. Es ist interessant zu beobachten, welche Namen und Werke in den Jury-Diskussionen genannt werden, da sich eben diese Nennungen im Kontext von Diskussionen und Gesprächen über Literatur als performative Kanonisierungspraxis beschreiben lassen. Welche Namen und Werke werden als bekannt vorausgesetzt oder durch eine Nennung indirekt empfohlen?“
- Eine Analyse von Autorin und Literaturwissenschaftlerin Berit Glanz
Über Blindstellen und Frauen, die Krimis schreiben "Es gab schon immer gute Autorinnen von Spannungsliteratur. Aber ihnen wurde in der Rezeption vielfach der Platz verwehrt, der ihnen zusteht. Das ist wie in der „Nicht-Spannungsliteratur“. In der Filmgeschichte. In der Kunstgeschichte. Usw. Die Gründe – sehr knapp – hängen mit Deutungshoheit, Diskursmacht und Perspektive zusammen. Ich kann gar nicht schätzen, wie viele großartige Werke von Frauen nicht kanonisiert wurden und wir deshalb nicht kennen.“
- Ein Zwischenruf von Sonja Hartl, Autorin, Kritikerin.
Nur was wahrgenommen werden kann, existiert: "Der von Männern geprägte Blick zeigt sich am deutlichsten in der Lesesozialisation. Der literarische Kanon, die Zusammenstellung jener Werke, denen eine wesentliche, normsetzende und zeitüberdauernde Stellung zugeschrieben wird, ist seit jeher – und nach wie vor – von Männern dominiert. Mädchen wie Buben erleben also bereits in der Schule, dass die Literatur, die ihnen als relevant, als wertvoll präsentiert wird, von Männern stammt.“
- Anne Goldmann über die Unsichtbarkeit von weiblichen Vorbildern in der Literatur und die Folgen der einseitigen Lesesozialisattion.
#frauenzählen - weil Frauen zählen "Ich habe ja immer gedacht, dass gerade der Bereich, wo Bücher gelesen werden und man sich mit dem Leben auseinandersetzt, offener sein müsste, er ist aber erstaunlich unflexibel und starr."
- Doppelinterview mit der Krimiautorin Anne Goldmann und der Literaturwissenschaftlerin Angelika Schuchter.
"Über die weltbewegenden Themen schreiben eben nur Männer." "Politik, Europa, Welt, Kriege! Ja, da haben Sie recht, der Knausgård hat strenggenommen auch viel Frauendings beschrieben. Aber eben auch Penisdings. Das ist ein Unterschied! Und außerdem ist der bitte ein Genie! Knausgård kann übers Häuselputzen schreiben, und es ist genial."
- Schriftstellerin Gertraud Klemm rantet kongenial über #frauenzählen
Es ist was faul im deutschen Feuilleton:
Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert über Sichtbarkeit von Frauen in Rezensionen und Stilmerkmale, mit denen über Frauen und ihre Werke Kritik geübt wird.
#frauenbilder
Autorinnen und Verlegerinnen werden so, obwohl sie es vielfach sind, nicht als Urheberinnen, Innovatorinnen, Reformatorinnen, Revolutionärinnen repräsentiert, sondern als Autor- und Verleger-Cosplayerinnen vorgeführt. (…) Frauen werden weiterhin nicht als ästhetische Subjekte, sondern als Objekte wahrgenommen. Wenn sie, mit Beauvoir gedacht, ähnlich wie andere Marginalisierte kulturell als das Unwesentliche gesetzt sind, dann kann ihre Arbeit a priori nicht als wesentlich wahrgenommen werden. Auch deswegen werden neue Formen, Begriffe und Thesen, die von Autorinnen geliefert werden, entweder unsachlich abgetan oder aber referenzlos vom traditionellen Diskurs und Betrieb aufgesogen. Es ist nach wie vor kulturell nicht plausibel, Menschen, die keine weißen cis Männer sind, als Urheberinnen zu respektieren.
- Verlegerin und Autorin Christine Frohmann über die mediale Etikettierung von Schriftstellerinnen und Künstlerinnen.
- Goethe Institut Schweden
Die Mauer muss fallen. 2018. Alle kennen die Zahlen. Frauen fehlen zu oft in der Rechnung, Mann plus Mann kann nur Mann ergeben, aber keinen interessiert’s.
Seit Jahren liegen Zahlen vor. Männer sagen: Legt uns doch erst mal Zahlen vor!
Frauen verfassen kritische Texte. Männer fragen: Wie war das noch mal im Mittelteil?
Frauen sprechen Probleme an. Männer sagen: Oh bitte, die Diskussion ist doch ein alter Hut!
- Von Katja Bohnet
Auch ein Land der Dichterinnen und Denkerinnen – Geschlecht – Macht – Kanon: Ein Vorschlag zur Erklärung der Gegenwart aus der Vergangenheit.
- Von Katharina Herrmann, 54books